Wasserstoff als Flugtreibstoff?

Problemlösung oder Problemvergrößerung?

  von Dipl.-Ing. Heinz Thieme

Von der Politik aufgegriffene, von verschiedenen, auch politischen Kreisen wiederkehrend und unüberhörbar vorgetragene Befürchtungen eines durch menschliche Aktivitäten verursachten Klimawandels, der möglicherweise sogar katastrophale Ausmaße erreichen könnte ("Klimakatastrophe"), geben der Politik Gelegenheit, aktiv zu werden. Konkret geht es um die vielfach vorgebrachte Darstellung, dass CO2, das Verbrennungsprodukt von Kohlenstoff, ob nun durch Verwendung von Heizöl, Benzin, Diesel, Kerosin, aber auch Holz und Kohle, in vermindertem Umfang auch durch Gas (Erdgas (Methan), Propan, Butan), erzeugt, bei einer Anreicherung in der Lufthülle zur Erwärmung auf der Erde beitragen würde. Ja zu einer lebensfeindlichen Wärmesituation auf der Erde führen würde.

Nicht verdrängt werden sollte allerdings auch zu diesem Thema, dass CO2 ein Abfallprodukt des Energieumsatzes allen tierischen und menschlichen Lebens ist. Und zwar sind es beim Menschen pro Kopf und Tag etwa 1 kg CO2. Auch darf nicht ignoriert werden, dass das CO2 lebensnotwendiger Rohstoff für alles pflanzliche Leben ist, dass wir in der Atmosphäre eher einen Mangelzustand bezüglich CO2 für die Pflanzenwelt haben als eine Übersättigung – aber das ist ein Thema für Biologen.

Zur Abwendung der befürchteten Gefahren für das Klima (bzw. die vielen unterschiedlichen Klimate) auf der Welt sind in der jüngeren Zeit Überlegungen aufgetaucht und haben Anhänger gefunden, den Kohlenstoff als Energieträger soweit möglich zu verbannen und durch andere Stoffe zu ersetzen. Und damit die konventionellen, kohlenstoffbasierten Energiequellen und -träger weniger zu nutzen und stattdessen andere Energiequellen oder auch andere Energieträger zu erschließen. Einer davon wäre Wasserstoff, chemisches Formelzeichen H2. H2, weil Wasserstoff nicht atomar, sondern nur molekular, in der Verbindung zweier H-Atome auftritt. Wasserstoff könnte dabei sowohl direkt als Energieträger für Verbrennungsprozesse, auch solche in Verbrennungsmotoren und Gasturbinen, eingesetzt werden, das Endprodukt wäre dann Wasser. Oder Einsatz in der katalytischen Oxidation in der Brennstoffzelle, zur Erzeugung von elektrischer Energie, wieder mit Endprodukt Wasser. Aber auch zur synthetischen Kombination mit CO2 zur Gewinnung von Gasen oder Flüssigtreibstoffen. Also synthetischen Kohlenwasserstoffen, die dann auch verwendet werden könnten, welche allerdings zuvor der Atmosphäre entzogenes CO2 enthalten, also keine neuen, zusätzlichen CO2-Mengen freisetzen.

Insgesamt ist das ein gigantisches Forschungs- und Entwicklungsprogramm, für das sich Milliarden von Steuergeldern ausgeben lassen. Welche gern von interessierten Stellen aufgenommen werden. Es ist allerdings eine unbeantwortete Frage, ob denn die erwogenen alternativen Energieträger für jeden Anwendungsfall ohne Nachteile nutzbar sind.

Unter anderem ist auch daran gedacht, Wasserstoff als Treibstoff für Flugzeuge zu verwenden [1],[2],[3]. Wenn man an den Jet-Flugverkehr denkt, dann käme wohl nur in Betracht, dass die Flugtriebwerke nicht mehr mit Kerosin (Kohlenwasserstoffe) sondern stattdessen mit Wasserstoff betrieben werden. Technisch ist dies möglich und bereits erfolgreich erprobt. 

Das Endprodukt bei der Verbrennung von Wasserstoff ist Wasser. Die Reaktionsgleichung sieht so aus:

2 H2 + O2 = 2 H2O

Bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen ist Kohlenstoff zwangsläufig beteiligt. Für einen Kohlenwasserstoff aus dem Kerosinbereich, hier beispielhaft C13H28, sieht die Verbrennungsgleichung dann so aus:

13 C + 14 H2 +20 O2= 13 CO2 + 14 H2O

Wasserstoff wird bei der Oxidation zu Wasser. Beim Kerosin sind die Verbrennungsprodukte pro kg Treibstoff etwa 3,15 kg CO2 und 1,23 kg H2O = Wasser. Wird an Stelle von Kerosin Wasserstoff (H2) als Treibstoff eingesetzt, entsteht kein CO2 bei der Verbrennung, dafür aber bezogen auf eine vergleichbare Energiemenge etwa die 2,6-fache Wassermenge. Folglich würden mit Wasserstoff betriebene Autos hinten mehr Wasser ausstoßen als mit Diesel oder Benzin betriebene. Beim Auto ist das vermutlich weniger problematisch, nur an frostigen Tagen würde das Wasser aus dem Auspuff in bestimmten Situationen zu mehr Nässe und damit Eis auf den Straßen führen können.

Wie ist es aber bei den Flugzeugen? Schon beim heute verwendeten Kerosin sind in bestimmten Wetterlagen hinter den Jet-Flugzeugen Kondensstreifen sichtbar, wenn diese Flugzeuge in großer Höhe (9...12 km) fliegen, was allerdings der Regelfall ist. Mitunter sind die Kondensstreifen nur für wenige Sekunden sichtbar. Falls in der Flughöhe nicht sehr trockene Luft vorhanden ist, dann für längere Zeit. Wenn es in der Flughöhe jedoch ohnehin nicht trocken ist, diese Situationen sind nicht so selten, kann beobachtet werden, dass die Kondensstreifen sich dauerhaft ausbreiten zu einer weitflächigen dünnen Wolkenschicht, ähnlich einer Wolkendecke aus Cirrus-Wolken.

Dass Wolken das Wetter gestalten, kann jeder von uns leicht wahrnehmen. Ist es am Tag bewölkt, vermissen wir die direkte Sonneneinstrahlung. Ist es nachts bewölkt, kühlt es nicht so stark ab wie im klaren Nächten. Aus Wolken schneit es aus, Wolken regnet es, und wenn die Wolken bis zu uns hinunter reichen, dann tappen wir im Nebel.

Eine Allgemeinbetrachtung zu Wolken und deren Effekte soll hier nicht angestellt werden, hierzu gibt es ausreichend Informationen an anderen Orten, z.B. [4], [5]. Hier geht es um den Wassereintrag durch die Jet-Abgase in die obere Troposphäre.

Wolken regulieren zum erheblichen Teil die Wärmeabfuhr aus der Atmosphäre ins All. Die Temperatur der Luft sinkt mit der Höhe druckbedingt ab. Dies ist auch der Grund, weshalb sich Wolken normalerweise erst in der Höhe bilden. Dann nämlich, wenn die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasserdampf, die mit der sinkenden Temperatur und dem sinkenden Druck mit der Höhe soweit vermindert ist, dass der in den in der Luft vorhandene Wasserdampf auskondensiert und Tröpfchen oder Eiskristalle bildet. Je nachdem in welcher Höhe sich die Wolken bilden, haben diese - nicht anders als die umgebende Luft - unterschiedliche Temperaturen.

Bild 1,  Zusammenhang Lufttemperatur mit der Höhe in der Troposphäre

Im Bild 1 ist gezeigt wie die Lufttemperatur in der Troposphäre (von 0 bis 11 … 14 km über NN) mit der Höhe über dem Meeresspiegel absinkt. Es liegen die Daten der US-Standardardatmosphäre zugrunde, wonach auf Meereshöhe auf 15° Celsius anzutreffen sind und in 11 km Höhe – 56,5° Celsius.

Wolken, wie auch andere Substanzen, die in der Lage sind, Wärmestrahlung in kühlere Regionen abzugeben, tragen zum Auskühlen der Atmosphäre bei. Nein, sie besorgen den Wärmeabtransport aus der Atmosphäre ins All sogar allein und ausschließlich [5]. Nach den Erkenntnissen von Stefan und Boltzmann ist die Leistung der Wärmestrahlung proportional der vierten Potenz der absoluten Temperatur des strahlenden Mediums. Dies verhält sich auch in der Troposphäre so.

Bespielhaft sind im Bild 1 Wolken in unterschiedlicher Höhe über dem Nullniveau eingezeichnet. Niedere Wolken in 2 km Höhe, mittelhohe Wolken in 6 km und hohe in 10 km Höhe.

In der folgenden Tabelle sind die in den jeweiligen Höhenlagen anzutreffenden absoluten, also auf den absoluten Nullpunkt (0 K = -273,15°C) bezogenen Lufttemperaturen aufgeführt. Und die Relation der Strahlungsleistung der höheren Wolken zu den niedrigen Wolken dargestellt.

Tabelle 1,  Zusammenhang Emissionshöhe, Temperatur des emittierenden Wassers, Strahlungsleistung 

                                            

Wolkenhöhe

Temperatur

    Abstrahlungsleistung

über NN km

K

10

223,25

43

%

6

249,19

67

%

2

275,15

100

%

Es ist zu erkennen, dass eine Wolkenschicht in 10 km Höhe nur etwa 40 % der Wärmeleistung abstrahlen kann, welche von einer solchen in 2 km Höhe bei darüber klarem Himmel ins All abgestrahlt würde. Die Wirkung einer Wolkenschicht in 10 km Höhe, wie hier beispielhaft angesetzt, wäre, dass die Luftmassen der darunter liegenden Atmosphärenbereiche weniger auskühlen können, als wenn diese hohe Wolkenschicht nicht vorhanden wäre. Dieser Wirkungszusammenhang ist durch die Gegebenheiten innerhalb des thermodynamischen Systems der Troposphäre [7] bedingt. Eine verminderte Wärmeabgabe durch die geringere Temperatur der höher gelegenen Emissionsbasis führt dazu, dass diese geringere Auskühlung praktisch bis nach unten "durchgereicht" wird.

Wie ausgeführt, ist zu beobachten, dass mit dem Wasserausstoß der Jet-Triebwerke Kondensstreifen und in bestimmten Situationen sogar ein Schleier an Cirrus-Wolken verursacht werden. Sollte an Stelle des gegenwärtig genutzten Kerosin als Jet-Treibstoff Wasserstoff eingesetzt werden, dann würde in dem Bereich, in dem Jet-Flugzeuge unterwegs sind, bei unverändertem Verkehrsaufkommen der Wassereintrag auf das 2,6-fache ansteigen. (Bild 2 zeigt eine Bildschirmaufnahme des flightradar24, in der die regulären Flüge zu einem gegriffenen Zeitpunkt an einem normalen Werktag in einer Momentaufnahme gezeigt sind. Ob die Verkehrsdichte bzw. der damit verbundene Wassereintrag in die Troposphäre auf der nördlichen Halbkugel eine noch zu vernachlässigende Einflußgröße ist, will der Autor hier nicht beurteilen.)

Bild 2, Bildschirmfoto des Flugverkehrs an einem normalen Werktag, Quelle: www.flightradar24.com

 

Durch den Einsatz von Wasserstoff als Jet-Treibstoff dürfte eine Vermehrung der Bewölkung im Bereich der oberen Troposphäre resultieren, mit einer entsprechenden Verminderung der Auskühlung der Atmosphäre. Also dürfte eine als Erwärmung wahrgenommene verminderte Auskühlung die Folge sein.

Andererseits hätte eine vermehrte Bewölkung im Bereich der oberen Troposphäre eine Verminderung der Sonneneinstrahlung in die tiefergelegenen Bereiche zur Folge, woraus eine verminderte Wärmezufuhr resultiert. Die Sonneneinstrahlung ist nur tagsüber gegeben; bei Bewölkung wird ohnehin schon die Sonneneinstrahlung zumindest teilweise wieder ins All reflektiert. Wolken sind bezüglich der Abstrahlung ins All ununterbrochen wirksam, Tag und Nacht. Welche Wirkung überwiegt, verminderte Auskühlung oder verminderte Erwärmung, das sollte untersucht und zu klären versucht werden.

Darüber hinaus ist Wasserdampf auch in der Form unsichtbarer Feuchtigkeit in der Luft strahlungsaktiv. Ähnlich dem CO2 sendet Wasserdampf IR-Strahlung aus. Wenn die obere Troposphäre mehr Wasser zugeführt bekommt als auf natürlichem Weg, also durch das Wettergeschehen, dann wird die obere Troposphäre zu einer Ebene für IR-Emissionen des H2O ins All. Bisher gelangt aus dieser Höhe in dem begrenzten Frequenzbereich, in dem CO2 strahlt, Strahlung des CO2 ins All. Wegen der geringeren Temperaturen in der Höhe ist konsequenterweise die Abstrahlungsleistung von dort geringer als aus niedrigeren Zonen, woraus eine geringere Auskühlung resultiert. 

Bild 3, Emissionsspektren der Erde/Atmosphäre [8]

Hierzu gibt das in Bild 3 gezeigte Emissionsspektrum der Erde mit der Atmosphäre prinzipiell Auskunft. (Bild 3 zeigt die Situation in den Tropen. Im Diagramm wird die Abstrahlung durch den Wasserdampf im Bereich der Wellenzahl 400/cm bis 600/cm im Fall der Bewölkung (obere Bildhälfte) durch die Wolken überdeckt. Die Emissionsspektren sind im Jahr 1970 aufgenommen worden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass zum Aufnahmezeitpunkt die obere Troposphäre bei klarem Himmel (untere Bildhälfte), das wäre hier der Bereich in etwa 12 km Höhe, also bei 235 K, durch menschliche Einwirkung befeuchtet war.) Wenn die obere Troposphäre - wenn auch nur vorübergehend - mit Wasserdampf angereichert wird, dann muss eine ebenso vorübergehende Erwärmungswirkung in den tiefergelegenen Bereichen der Troposphäre auftreten. In der oberen Bildhälfte, bei einer feuchten Atmosphäre, liegt die Temperatur des emittierenden H2 niedriger als in der unteren Bildhälfte, die eine trockene Situation zeigt. 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Austausch von Kerosin gegen Wasserstoff als Jet-Treibstoff hinsichtlich der damit wesentlich, auf das 2,6-fache (gegenüber dem Kerosin-Einsatz) verstärkten Befeuchtung der oberen Troposphäre bezüglich Wettergeschehen und damit in längerfristiger Sicht klimatisch nicht wirkungslos sein dürfte. (Ob der gegenwärtige Wassereintrag durch die Jet-Abgase bereits die Wärmeverhältnisse in der Troposphäre verändert, war nicht Gegenstand der hier vorgestellten Überlegungen; ist aber an anderem Ort bereits beleuchtet worden. [9], [10]) Mit den erkannten, aufgezeigten Effekten es problematisch, technische Entwicklungen wie Wasserstoff als Jet-Treibstoff zu forcieren, ohne zuvor die weiteren Konsequenzen betrachtet und bewertet zu haben.

 

 [1] https://www.welt.de/wirtschaft/article135899438/Boeing-plant-Wasserstoff-Superjet-mit-drei-Ruempfen.html

 [2] https://www.linde-gas.de/de/images/Wasserstofftag-03_Exponat_Cryoplane_tcm565-71319.pdf 

 [3] https://m.faz.net/aktuell/technik-motor/motor/airbus-denkt-an-wasserstoff-fuer-das-jahr-2035-16974762.html 

 [4] https://www.br.de/themen/wissen/wolken-wolkenform-wetter-meteorologie-100.html

 [5] http://www.gerd-pfeffer.de/h2o_Wolken.html

 [6] http://real-planet.eu/treibhausgas.html

 [7] IPCC, Climate Change, The IPCC Scientific Assessment, 1990, Report Prepared for IPCC by Working Group 1, Radiative Forcing of Climate, p. 49

 [8] Diagrammgrundlage aus: Hanel, R. A. et al., Exploration of the solar system by infrared remote sensing, Cambridge University Press, 2003

 [9] https://www.nzz.ch/wissenschaft/kondensstreifen-wirken-immer-staerker-erwaermend-im-klima-ld.1491380

 [10] Bock, L., Burkhardt, U., Contrail cirrus radiative forcing for future air traffic. Atmospheric Chemistry and Physics (ACP) (19), 2019, p. 8163–8174

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Veröffentlicht an dieser Stelle 02.02.2020; Link ergänzt 14.10.2020